Saisonspiele 2023/24

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Nach Abpfiff jubeln beide Teams

Derby-Krimi mit Punkteteilung

mtv wildau

Die Wünsdorfer Wölfe haben im Heimspiel gegen den HSV Wildau einen echten Krimi aufs Parkett gelegt. In einem spannenden Derby teilten sich beide Teams schlussendlich beim Endstand von 24:24 die Punkte. Dabei hatten beide Seiten auch genug Chancen, beide Punkte für sich zu klären. Mehr... 

von Conrad Hipp

Nach vier Niederlagen in Serie waren die Wölfe trotzdem mit neuem Selbstbewusstsein in das Derby gegen den HSV Wildau gegangen. Die knappe Niederlage beim HC Bad Liebenwerda tat zwar weh, brachte in der Analyse aber viele positive Aspekte, aus denen die Wölfe neue Kraft zehren wollten. Mit dem HSV Wildau kam nun der Nachbar ins Wolfsrevier. Mit 23,9 Kilometern Fahrtstrecke auf der kürzesten Route ist die Reise aus Wildau nach Wünsdorf die kürzeste für den HSV in dieser Saison. Beide Teams gingen sich jahrelang aus dem Weg. Im März 2014 trafen beide Teams letztmalig aufeinander. In Wildau siegte der MTV mit 32:26. Das Hinspiel in Wünsdorf war zuvor mit 26:20 an den HSV gegangen. Es herrschte also vor acht Jahren schon Ausgeglichenheit. 2013 schaffte Wildau den Wiederaufstieg in die Brandenburgliga, hat sich seitdem in der höchsten Spielklasse des Landes festgebissen. Der MTV trat 2014 aus der Brandenburgliga zurück, ist nun wieder da und will sich wie Wildau in den vergangenen Jahren nun etablieren. Dazu gehört auch, sich gegen Wildau zu beweisen. Nach achteinhalb Jahren also wieder Wünsdorf gegen den HSV.

Das erste Tor dauerte 42 Sekunden. Lucas Vogel fliegt von Linksaußen für den MTV ein, netzt sicher zum 1:0. Nur kurz darauf trifft Lukas Seifert aus dem Rückraum zum 2:0. Ein schöner Beginn für die Wölfe. Doch dann macht auch Wildau mit. Top-Torjäger Mark-Bastian Kloß (vor der Partie bei 36 Toren in sechs Spielen) trifft zum ersten Mal für die Gäste. Es ist von Beginn an ein Duell auf Augenhöhe. Ein intensives Spiel, in dem sich beide Seiten nichts schenken wollen. In der 6. Minute wird MTV-Torhüter Fabian Kaleun fast kalt erwischt. Als er gerade an der Bank steht und sich mit Torwart-Kollege Carlo Paeschke bespricht gibt's einen Ballverlust in der Wünsdorfer Offensive. Ein langer Ball, Kaleun zögert kurz ob er hingehen sollte, will aber keinen Zusammenprall riskieren. Dennoch zuckt er beim Zurücklaufen immer wieder zurück, verwirrt so Wildaus Kloß, der aus zwölf Metern den Ball nicht im fast leeren Tor unterbringen kann. 

Auf der Platte breitet sich ein hektisches Spiel aus. Beide Mannschaften produzieren ungewöhnliche Ballverluste. So fliegen zum Beispiel bereits im Spielaufbau Pässe auf Höhe der Wechselzone ins Aus. Auch ein paar Reihen weiter vorn kommt es immer wieder zu ungenauen Abspielen und Fehlwürfen, die teilweise weit neben das Tor gehen. So bleibt der Spielstand knapp, aber die Wölfe haben etwas mehr Wurfglück. Seit dem 4:4 nach acht Minuten schwankt der Vorsprung des MTV zwischen einem und drei Treffern. Dies hält sich bis zur 20. Minute, als Arne Mühmert zum 8:8 ausgleicht. Durch Kloß gelingt den Gästen sogar die erneute Führung seit dem 2:3 in der 6. Minute (8:9/22.). Wünsdorf zieht die Auszeit, verschlimmbessert die Situation direkt danach aber zunächst einmal. Zwei Gegentore binnen 22 Sekunden stellen die Anzeigetafel auf 8:11.

Was wäre dieses Derby aber, wenn es zur Halbzeit schon eine Vorentscheidung gäbe? Tim Wendland und Jakub Pawlicki sorgen für den 9:11-Anschluss (25.). Dann wird es in einem sonst fairen Spiel mal kritisch. Erik Klaus bekommt am Kreis ein schönes Zuspiel, dreht sich trotz Gegenwehr Richtung Tor. Als er bereits in der Wurfbewegung ist, greift Fabian Reczko zum letzten Mittel und zieht Klaus unsanft am Wurfarm. Der Wünsdorfer bleibt liegen, der Pfiff ertönt: Siebenmeter plus Zeitstrafe. Eine Situation, die für den Rest des Spiels wegweisend ist. Über den Siebenmeterpfiff darf es hier keine zwei Meinungen geben. Über die Strafe schon. Denn: In dieser Aktion wäre auch mehr als eine Zeitstrafe vertretbar gewesen. Die Entscheidungsgewalt zwischen Zeitstrafe und Roter Karte liegt komplett im Interpretationsspielraum der Schiedsrichter. Beide Optionen haben hier ihre Argumente. Das Gespann um Stephan Blume und Mario Nawin entscheidet in diesem Fall zugunsten des Verteidigers und zeigt so, dass die Abwehrspieler im Mittelblock heute an der langen Leine geführt werden. 

Andy Strube trifft den fälligen Siebenmeter zum 12:12-Ausgleich. Positiv: Die 12 Wölfe-Tore haben neun verschiedene Torschützen erzielt. Eine angenehme Flexibilität in der Wünsdorfer Offensive. Bis zur Pause passiert nicht mehr viel. Kloß trifft per Siebenmeter zum 12:13 und dann ist es wieder Strube, der das Netz des Wildau-Tores wackeln lässt – einen Sekundenbruchteil vor der Halbzeitsirene.

Halbzeitstand: Wünsdorfer Wölfe – HSV Wildau 13:13 

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Nur kurz nach Wiederanpfiff knallt es. Nach dem Wildauer Anwurf lässt die erste Torchance nicht lange auf sich warten. Im Tor zeigt MTV-Keeper Carlo Paeschke aber, dass er hier gar keine Lust auf einen frühen Rückstand hat. Sollte irgendwer in der Halle mit Müdigkeitserscheinungen zu kämpfen haben, sind diese schnell verflogen. Pawlicki macht im Gegenzug das 14:13 – ein guter Start aus MTV-Sicht. Und das geht so weiter. Strube netzt zum 15:13, Wildau hat den Wiederanpfiff irgendwie verschlafen. Nach drei Minuten hat der MTV einen 4:1-Lauf hingelegt, durch Julien Halkow gerade das 17:14 erzielt. Es läuft für den MTV. Zwei Minuten später fliegt Wildaus Leas Wünsche für zwei Minuten vom Feld. Seifert erhöht kurz vor Ende der Zeitstrafe auf 18:14. Es sieht tatsächlich so aus, als könne das Wolfsrudel die „Wildauer Schweinebande“ reißen und die Beute genüßlich verzehren.

Nach Wiederanpfiff sind acht Minuten gespielt, da hat Wildau bereits fünf Fehlwürfe auf dem Konto. Drei davon gehen auf das Paeschke-Konto im Wölfe-Tor. Zum Vergleich: In Halbzeit eins gönnte sich Wildau neun Fehlwürfe in 30 Minuten. Pawlicki macht das 19:14, die Wölfe streifen weiter so vor sich hin. Wildau gelingt durch einen sehenswerten Doppelpack von Jakob Düring das 19:15 und 19:16. 17 Minuten stehen noch auf der Uhr und beim Blick aufs Wünsdorfer Spiel wünscht man sich nun den letzten Biss des Wolfes, um die „Schweinebande“ endgültig zu erlegen.

Die Schlussviertelstunde bricht an. Und plötzlich geht ein Ruck durchs Wünsdorfer Spiel. Stolze vier Minuten passiert auf dem Feld nichts Nennenswertes, was für den MTV spricht. Die Wölfe führen immerhin mit vier Toren und haben keinen Grund, Druck auf die Uhr auszuüben. Die Gäste ziehen die Grüne Karte – noch 13 Minuten. Die Wildauer sind blutig gebissen, müssen sich irgendwie wehren. Nach der Auszeit zieht das Rudel die in den letzten Wochen so angespitzten Zähne zurück, lässt das Fleisch der Wildauer zucken. Es macht den Anschein, als hätte der Wolf Gnade mit der schon schon sicher erlegt geglaubten Beute. Doch das Schwein aus der Nachbarschaft hat ein dickes Fell. Zwei Kloß-Buden und ein Tor von Sönke Kneiske bringen die Bande wieder auf die Beine. Nur zweieinhalb Minuten nach der Auszeit steht es plötzlich 20:19. „Wir haben leider ganz plötzlich aufgehört, Handball zu spielen“, sagt MTV-Trainer Ferenc Remes nach der Partie.

Wünsdorf zieht jetzt die Auszeit, kassiert kurz danach durch Kneiske das 20:20. Noch 8:30 Minuten auf der Uhr. Mehr Drama beim Comeback dieses Nachbarschafts-Duells kann man sich in keiner Sternschnuppennacht wünschen. Weiter geht's. Nach einem Ballverlust der Wölfe ist das MTV-Tor leer. Wildau-Keeper Nicklas Köllner hat in der Vorbereitung darauf verzichtet, den MTV-Spielbericht gegen Potsdam zu lesen und drückt aus dem eigenen Kreis einfach ab – das 20:21 erzielt der Wildauer Keeper. Köllner drückt sich in dieser Phase ohnehin in den Mittelpunkt des Spiels. Neben seinem Tor hält er auch fünf Wünsdorfer Würfe in Folge. Derby-Drama Level 100.

Handballherz, was willst du mehr – würde jetzt wohl der neutrale Fan aus der Region rufen. Und bitte. Wünsdorfs bis dahin extrem unglücklich agierender Rückraumschütze Pawlicki trifft zum 21:21. Der Wildauer Speck am Schwein trägt den Namen Kloß, 21:22. Kloß erzielt seinen elften Treffer des Tages, seinen 47. in der Saison. Damit grunzt er sich in die Top Ten der Torschützenliste. Die Wölfe müssen in dieser Phase extrem viel Aufwand betreiben, um zu sinnvollen Würfen zu kommen. In der Schlussphase verinnerlichen die Wildauer auch einmal mehr die Linie der Schiedsrichter, die in Hälfte eins vorgegeben wurde. Das Spiel über den Kreis gestaltet sich für den MTV sehr schwer. Zeitstrafen oder Siebenmeter rauszuholen, ist für den MTV nahezu unmöglich. Wie vorher vorgelebt hält das Schiedsrichtergespann die „Schweinebande“ an der lange Leine, der Wolf dreht am Kreis oftmals im Schlamm der Abwehr durch. Teilweise strittige Aktionen werden heute eben nicht mit einem Siebenmeter, sondern nur mit einem Freiwurf geahndet. Wo es möglicherweise auch Zeitstrafen regnen kann, gibt es hier eben keine. Wildauers Bande bewegt sich am Rande der Schweinepest. Aber die Leine der Schiedsrichter ist im Rahmen des Regelwerks eben lang, zu Ungunsten des hungrigen Rudels. 

Dann kommt wieder Pawlicki, der auch nach neun Fehlwürfen im Spiel seinen persönlichen Tag irgendwie retten will und netzt zum 22:22. Was ist denn nun mit dem blutenden Schwein und dem hungrigen Wolf? Die Schweinebande erhebt sich, macht binnen 60 Sekunden durch Lennard Schönicke und Düring das 22:23 und 22:24. Plötzlich sind nur noch 150 Sekunden auf der Uhr und dem Wolf droht ein erneut hungriges Wochenende. 122 Sekunden vor Schluss gibt's nochmal Überzahl für die Wölfe. Max Hawaleschka trifft zum 23:24, dann fliegt Marius Luchmann mit seiner dritten Zeitstrafe vom Feld. Fünf gegen Fünf, Ballbesitz Wildau – noch 70 Sekunden. Ballverlust, schnelles Umschaltspielt. Plötzlich taucht Flügelflitzer Hawaleschka am Kreis auf und... 24:24!

Nach dem Schlusspfiff jubeln beide Seiten mit ihren Fans. Wildau feiert den Punkt, Wünsdorf feiert den Punkt. „Wir können natürlich froh sein, dass wir das Spiel zum Schluss noch ausgleichen. Über 60 Minuten betrachtet war es für uns dennoch eher ein verlorener Punkt“, so Trainer Remes in seinem Schlussfazit. Der Trainer weiter: „Ich bin über einige unkonzentrierte Abschlüsse verärgert.“ In Wahrheit geben sich beide Teams in Sachen Fehlwürfe die Klinke in die Hand. In Hälfte zwei brachten Wünsdorf und Wildau jeweils neun Würfe nicht im Tor unter. In Hälfte zwei produzierte Wünsdorf elf Fehlwürfe, Wildau zehn. Remes weiter: „Ich bin über das Unentschieden trauriger als über die Niederlagen zuvor, weil wir dieses Spiel über 60 Minuten gesehen gewinnen müssen. Ich hoffe, dass wir uns in den kommenden Wochen weiter stabilisieren, denn unsere Aufgaben werden nicht leichter.“ 

Wünsdorfer Wölfe – HSV Wildau 24:24 (13:13) 

Wünsdorfer Wölfe: Kaleun, Paeschke – Pawlicki 8 (1/2), Hawaleschka 3, Strube 3 (1/1), Seifert 3, Halkow 2, Klaus 2, Vogel 1, Wendland 1, Gröpler 1, Luchmann, N. Seegebrecht
HSV Wildau: Perse, Frey, Köllner 1 – Kloß 11 (6/7), Schönicke 5, Düring 3, Andersen 2, Kneiske 1, Mühmert 1, Reincke, Homuth, Wünsche, Reczko
Schiedsrichter: Stephan Blume/Mario Nawin

Gelbe Karten: Pawlicki, Klaus, Luchmann – Mühmert, Reczko, Kloß
Zeitstrafen: 4:6 (3x Luchmann, Pawlicki – 2x Andersen, Kloß, Reczko, Wünsche, Homuth)
Rote Karten: Marius Luchmann (Wünsdorfer Wölfe/59. wegen dritter Zeitstrafe)
Blaue Karten: 

Wurfquote: 24/44 (54,54%) – 24/43 (55,81%)
Siebenmeter: 1/2 (50%) – 6/7 (85,71%)

 

 

 

 

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